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Eine Ordnung, die Schule machen könnte

Hermann Visser hat ein Konzept für möglichst stressfreies Arbeiten gefunden

Akten, Post, Entscheidungen. Was wichtig ist, geht über die Schreibtische der Chefs. In einer Serie stellt die OZ Leiter von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen vor – und den Schreibtisch, an dem sie sitzen. Heute: Hermann Visser, Direktor des Teletta-Groß-Gymnasiums.

Von Gabriele Boschbach

Schulleiter am Schreibtisch

Auf seinem Schreibtisch kommt er nicht in die Gefahr, sich zu verzetteln: Hermann Visser umgibt sich nur mit jenen Unterlagen, die er aktuell benötigt.

Leer – Endlich keine Schubladen mehr. Dieser geheime Stoßseufzer entwich Hermann Visser, als er vor zwei Jahren einen neuen Schreibtisch erhielt. „Eben, hell, funktional. Das waren die Kriterien, die das Möbelstück erfüllen musste“, sagt der Direktor des Teletta-Groß-Gymnasiums in Leer. Den Schubladen des alten Exemplars weinte er keine Träne nach: „Da kann man keine Ordnung halten. Dort gibt es ja nicht einmal Platz für eine Ablage mit Reitern.“ Untauglich also – zumindest für die klare Systematik, nach der Hermann Visser sehr gerne arbeitet.

Sein Schreibtisch steht nicht mitten im Raum, nicht in Laufrichtung der Besucher. Der Arbeitsplatz aus Birkenholzfurnier und grau lackiertem Stahl schmiegt sich in elegantem Bogen in die direkt an die Tür angrenzende Ecke. Ganz links in einem abgeknickten Teil ist der PC mit Flachbildschirm platziert.

Der Druck auf dessen Power-Button ist morgens der erste Handgriff des Direktors. „Ich verschaffe mir gleich einen Überblick über die Personallage. Wer ist krank? Wo benötige ich eine Vertretung?“, sagt Visser. Auf seinem Schreibtisch versucht er nur jene Akten und Papiere liegen zu haben, die er gerade bearbeitet. Auf der Platte steht nichts Ablenkendes. Kein Blumenstrauß, kein Bild der Familie, der Frau und der beiden Kinder. „Meine Lieben habe ich im Kopf“, sagt Hermann Visser. Direkt neben dem Schreibtisch auf der Fensterbank steht lediglich ein kleiner Kaktus. Den hat der TGG-Chef vor zwölf Jahren vom Kollegium geschenkt bekommen, als er die Schulleitung übernahm. Durch die Blume gesprochen sollte das wohl – ironisch gebrochen – heißen: Ein Schulleiter hält Distanz, meint Visser.

Das gehöre natürlich zu seinem Job, sich nicht sofort aller an ihn herangetragenen Probleme anzunehmen, sondern sie erst einmal prüfend zu selektieren. „Sonst gerät man schnell unter Stress“, sagt Visser. Ein Zustand, den er durch umsichtige Planung und gezielte Delegation zu vereiteln trachtet. Er habe Unterstützung durch ein sehr gutes Team. Und wenn er die Grundlage exakten Funktionierens pflege, gerate er auch nicht in Hektik. Was das ist, verrät er mit einem Blick nach rechts. Dort liegt ein Terminkalender. „Das ist mein Gebetbuch“, sagt Visser. Dass sein Schreibtisch alles andere als sein Altar ist, merkt man daran, wie entspannt er es zulassen kann, dass dort auch andere arbeiten. „Das macht mir nichts aus“, sagt er.

Aus der Ostfriesen-Zeitung vom 11. Mai 2006, S. 29

2006-05-17, tg