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Lesung Lutz van Dijk

Kein gewöhnlicher Unterricht

Am 27. Mai 2013 fand früh morgens kein gewöhnlicher Unterricht statt: An diesem Tag ist unsere Klasse, die 7en, zu einer Vorlesung in den Kulturspeicher gegangen. Im Rahmen der zweiten Jüdischen Woche der Stadt Leer hörten wir Lutz van Dijk zu und diskutierten mit ihm über die Themen „Was ist Rassismus“ und die „Bedeutung der NS-Zeit für uns heute“.

Eine bewegende Biographie

Foto von Lutz van Dijk bei der Eröffnung der 2. jüdischen Woche

Lutz van Dijk bei der Er­öff­nung der 2. jüdischen Wo­che

Lutz van Dijk ist ein berühmter Sach- und Kinderbuchautor. Er wurde im Jahre 1955 in Berlin geboren. Schon mit 12 Jahren verspürte er den Drang, auszuwandern. Mit 18 Jahren kaufte er sich ein One-Way Ticket nach New York, wo er zunächst keine Arbeit fand. Etwas außerhalb von der City fand er jedoch einen Job als Busfahrer. Der Verdienst war gering, doch es gab ab und zu ein Trinkgeld: Jeden Morgen steckte ihm eine Passantin etwas Geld zu und eines Tages lud sie ihn in ein Café ein, weil er, wie sie später sagte, Englisch mit einem deutschen Akzent sprach. Dort zeigte die etwas ältere Frau ihm ihren Arm mit einer eintätowierten Nummer. Lutz van Dijk wusste, was das für eine Nummer war. Solch eine Nummer wurden Juden in Konzentrationslagern zur Erkennung eintätowiert; einen Namen hatten sie fortan nicht mehr. Lutz van Dijk fragte die Frau, ob sie ihn nicht hasste. Doch die Dame erwiderte, dass seine Generation ja nichts für ihr Schicksal könne. Dies war für Lutz van Dijk die erste bewusste Begegnung mit Juden und sollte für sein weiteres (Berufs-)leben bestimmend sein.

Ein paar Jahre später, nach Hochschulstudium und Tätigkeit als Lehrer in Hamburg, zog Lutz van Dijk in die Niederlande und arbeitete für mehrere Jahr in der Gedenkstätte Anne Frank Haus in Amsterdam. In diesem Zeitraum fing er mit dem Schreiben von Büchern für Kinder und Jugendliche an, um ihnen die Verfolgungsgeschichte in der NS-Zeit näher zu bringen.

Im Jahre 2001 wanderte Lutz van Dijk nach Südafrika aus, wo er eine Stiftung namens HOKISA (Home For Kids In South Africa) ins Leben rief. Er errichtete ein Waisenhaus für Kinder, deren Eltern an AIDS verstorben und die zumeist selber mit dem HIV - Virus infiziert sind. Und er fing an über das Schicksal dieser Kinder in seinen Jugendromanen zu schreiben.

Einmal im Jahr bereist Lutz van Dijk Deutschland und die Niederlande, um aus seinen zahlreichen Werken vorzulesen und mit Jugendlichen über Geschichte und Gegenwart zu diskutieren.

„Zu keinem ein Wort!“ – Überleben im Versteck

An jenem Montag las Lutz van Dijk zwei Kapitel aus seinem Jugendbuch „,Zu keinem ein Wort!‘ – Überleben im Versteck“ vor, und das die Biographie der Cilly Levitus-Peiser erzählt. Nach der Reichspogromnacht sahen sich Cilly und ihre jüngere Schwester Jutta gezwungen, mit einem Kindertransport Hitler-Deutschland in Richtung Niederlande zu verlassen. Cilly war nur 13 Jahre alt, Jutta keine 11, als sie sich für immer von der Mutter verabschieden mussten, in Amsterdam in ein Waisenhaus Unterschlupf fanden und sich dann später im Untergrund vor den Nazis versteckten.

Obwohl die Geschichte ziemlich traurig ist, endet die Erzählung hoffnungsvoll: Cilly hat mit Hilfe von couragierten Menschen überlebt, die ihr geholfen haben – mehr noch, sie hat ihr Leben bis zum Schluss in vollen Zügen ausgekostet. Auf ihrem letzten Geburtstag im Alter von 85 (!) Jahren hat sie getanzt und ihr Dasein bis zum Schluss genossen. Solch eine Einstellung macht Mut!

Dank Lutz van Dijks Erlebnissen und Schilderungen durften wir sehr viel Neues über die NS-Zeit erfahren.

Text: Hilko Barthel, Jonas Bartsch, Ahmet Bekisoglu, Hendrik Brandt, Anna Graß, Fritz Haase, Lukas Kloos, Kurt Koch, Stefan Mohwinkel, Malte Plenter und Elias Scharlach aus der 7en / Foto: Claudia Lax

2013-06-03,