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Rosen liegen auf besudelten Stolpersteinen

GESCHICHTE Bei Gedenkveranstaltungen wurde gestern an jüdische Opfer der Nazi-Diktatur erinnert

In der Pogromnacht vor 74 Jahren war in Leer die Synagoge abgebrannt. An der Zeremonie in Rhauderfehn nahm der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg teil.

Foto von der Gedenkveranstaltung

Bei einer Gedenkfeier in Leer wurde an die ehemaligen jüdischen Mitbürger erinnert, die Opfer der Nazi-Herrschaft wurden.

LEER/RHAUDERFEHN /OZ - Vor 74 Jahren brannten in Deutschland die Synagogen. Auch das jüdische Gotteshaus an der Heisfelder Straße in Leer ging in Flammen auf. An die Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde gestern mit Gedenkveranstaltungen erinnert, unter anderem in Leer, Weener und Rhauderfehn. Bei den gewalttätigen Ausschreitungen, die von den Nationalsozialisten entfesselt worden waren, wurden damals viele Juden misshandelt und ermordet.

In Leer wurde am Abend der Opfer gedacht – zunächst in einem Gottesdienst in der Baptistenkirche, anschließend an der Gedenkstätte in der Heisfelder Straße. Dort hielt Bürgermeister Wolfgang Kellner eine Ansprache. Alie Noorlag, Vorsitzende des „Comité Joods“ Oorlogsmonument aus dem niederländischen Stadskanaal, erzählte vom Schicksal einer jüdischen Familie. Schüler des Teletta-Groß-Gymnasiums und des Ubbo-Emmius-Gymnasiums nahmen ebenfalls an der Gedenkveranstaltung teil. Frauke Ahrens und Thomas Hilbrands (beide TGG) und Lea Wiemer (UEG) verlasen rund 300 Namen ehemaliger jüdischer Mitbürger, die von den Nazis ermordet worden waren.

Erstmals war gestern Rhauderfehn Schauplatz einer Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht. Die Teilnehmer legten am Untenende und an der Rhauderwieke Rosen auf die ins Gehwegpflaster eingelassenen Stolpersteine, die mit Namen verfolgter und ermordeter Juden versehen sind. Es war ein bewegender Moment – auch deshalb, weil der heute in einem Leeraner Seniorenheim wohnende Jude Albrecht Weinberg, ein Überlebender des Holocaust, nach Rhauderfehn gekommen war.

Der 88-jährige ehemalige Fehntjer Bürger verfolgte die Gedenkzeremonie vor seinem Elternhaus am Untenende 74. Hier liegen fünf Stolpersteine – für die drei Geschwister Albrecht, Friedel und Diedrich Weinberg, die ins KZ verschleppt und später befreit wurden, sowie für deren Eltern Alfred und Flora Weinberg, die in Auschwitz den Tod fanden. Der Auricher Journalist Bernd-Volker Brahms hatte die Gedenkveranstaltung organisiert.

Mit dem Gedenken in Rhauderfehn setzten die Teilnehmer auch ein Zeichen gegen immer wieder aufkeimenden Antisemitismus und Rassismus. Erst im Juli dieses Jahres hatten Unbekannte die Fehntjer Stolpersteine mit brauner Farbe besudelt. Die Spuren des Farbanschlags sind immer noch deutlich zu erkennen. Die Polizei hat die Täter bisher nicht ermittelt, obwohl Gemeinde und Kaufleute eine Belohnung von 1750 Euro ausgesetzt haben.

Aus der Ostfriesen-Zeitung vom 10. November 2012, S. 25 / Fotos: Wolters (oben), Weiper (unten). Frauke Ahrens‘ Nachname wurde im Artikel falsch wiedergegeben.

2012-11-11,