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Von Wolfgang Malzahn
Das Turbo-Abi – hier symbolisch verdeutlicht durch einen Spielzeug-Rennwagen vor dem Ubbo-Emmius-Gymnasium – läuft. Nach Angaben der Schulleiter von UEG und TGG müssen die Schüler jetzt richtig Gas geben.
LEER - Hermann Visser, Leiter des Teletta-Groß-Gymnasiums (TGG) in Leer, nimmt die veränderte Situation, die durch das Turbo-Abi entstanden ist, eher mit Humor. „Wir sind jetzt mit rund 260 Leuten ein richtig großer Haufen“, beschreibt er die Lage in den beiden Abi-Jahrgängen: „Das wird die größte Abi-Fete aller Zeiten.“
Dabei ist die Lage jetzt, wo Schüler erstmals nach zwölf Jahren die Hochschulreife ablegen können, nach Ansicht von Michael Müttel vom Ubbo-Emmius-Gymnasium (UEG) durchaus entspannt. „Wir haben versucht, beide Jahrgänge auf den gleichen Stand zu bringen“, sagt er im Gespräch mit der OZ. Die Schüler, die jetzt nach zwölf Jahren ihr Abi machen werden, hätten im Vorjahr erheblich mehr arbeiten müssen.
Allerdings will auch Müttel die veränderte Situation nicht herunterspielen: „Jeder Kollege bei uns hat jetzt Oberstufenkurse. Fast jeder Lehrer ist deutlich höher belastet als früher.“ Man habe an der Schule aber nicht mehr Probleme als sonst. Für sehr große Kurse werde Förderunterricht angeboten. Ähnliches gelte für das TGG. Hermann Visser: „Wenn ein Kollege merkt, dass jemand Probleme hat, dann gibt es eine besondere Förderung.“
Michael Müttel ist aufgefallen, dass es jetzt mehr Wiederholer gibt als früher. Nicht unbedingt, weil sie den Stoff nicht schaffen, sondern weil sie sich dann eine bessere Abiturnote erhoffen. Das seien Schüler, die „eigentlich gut“ sind, für ihr geplantes Studium aber einen Numerus clausus schaffen müssen und durch die Wiederholung den Notenschnitt deutlich steigern möchten. Von einer spürbar höheren Quote der Wechsler zu den Fachgymnasien, wo das Abitur weiterhin nach 13 Jahren abgelegt wird, wollen weder Visser noch Müttel etwas bemerkt haben. „Es gibt einen etwas verstärkten Trend, aber Wechsler hat es immer gegeben“, räumt Visser ein. „Aber das liegt in einer Größenordnung von unter zehn Prozent“, sagt Müttel. Das hänge auch damit zusammen, dass einige Schüler sich zu diesem Zeitpunkt über ihren künftigen Berufswunsch im Klaren sind und weg wollen von der Sprachlastigkeit der Gymnasien.
Müttel geht davon aus, dass ein Drittel der UEG-Schüler „leicht und locker“ das Abi nach zwölf Jahren schafft. Für zehn bis 20 Prozent, so schätzt er, wären 13 Jahre sicherlich besser: „Die sind teilweise im Leben noch nicht so weit.“ Für Hermann Visser ist es „im Prinzip gut“, wenn junge Leute mit 18 Jahren ins wirkliche Leben entlassen werden: „Dann sind sie erwachsen.“ Alle hätten sich darauf eingestellt, dass sie jetzt ackern müssen. „Schließlich war das Abi noch niemals leicht.“
In allen deutschen Bundesländern ist mittlerweile das Abitur nach zwölf Schuljahren eingeführt worden, das sogenannte Turbo-Abi. 2011 machen in Niedersachsen gleich zwei Jahrgänge den Abschluss: die Schüler, die ihr Abi noch nach 13 Jahren ablegen, und der erste Turbo-Jahrgang. Insgesamt sind es rund 50 000 Schüler.
Aus der Ostfriesen-Zeitung vom 10. August 2010, S. 17 / Bild: Bete
2010-08-17, bo