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Von Sören Siemens
Natürlich steht auch im Garten der Familie Petras ein Fußballtor. Den Ball erhielt die 16-Jährige vom Verband.
LEER - Wenn man es genau nehmen will, begann die Trainer-Karriere von Janina Petras schon im Kindergarten in einem Braunschweiger Vorort. Dort bastelte sie zum Martini-Laufen 23 Laternen. „Sie half denen, die es nicht schafften. Seitdem hat sie diesen Helfer-Instinkt“, erzählt Mutter Aneke Petras. Inzwischen lebt die Familie in Leer – und die Tochter bastelt inzwischen an einer ganzen Jugendfußball-Mannschaft. Das macht sie beim SC 04 Leer so gut, dass sie vom Fußballverband den U23-Ehrenamtspreis mit einem zweitägigen Aufenthalt in Barsinghausen und vom Vereinsvorsitzenden Paul Hartwig ein ganz dickes Lob erhielt. „Wenn zu mir jemand kommt und Jugendtrainer werden will, ist das wie ein Eine-Million-Euro-Geschenk. Wir sind stolz, so eine Trainerin wie Janina zu haben.“
Die „Eine-Million-Euro-Frau“ ist besser gesagt ein „Eine-Million-Euro-Fräulein“. Im Dezember wird die Zwölftklässlerin des Teletta- Groß-Gymnasiums erst 17 Jahre jung. Verantwortung übernimmt sie, als wäre sie doppelt so alt. Sie will dem Nachwuchs Fußballspielen beibringen – aber auch Werte, Regeln und Freude vermitteln. „Es ist nicht wichtig, der Beste zu sein. Die Jungs und Mädchen sollen Spaß haben.“ Auch das Thema Integration liegt ihr am Herzen: die Mannschaft besteht zur Hälfte aus Kindern mit Migrationshintergrund.
12 bis 15 Kinder kommen zu jedem Training. Die Mannschaft aus F- und E-Jugendlichen nimmt erst ab der nächsten Saison am Spielbetrieb teil. Seit Februar 2008 ist sie als Co-Trainerin dabei. Ein halbes Jahr später wurde sie zum Chef – zuvor hatte sie bereits beim Turn-Training geholfen, war als Schiedsrichterin tätig oder engagierte sich beim Breitensportprojekt „Sportpicknick“. Aus rechtlichen und praktischen Gründen ist Mutter Aneke beim „Fußball-Job“ immer im Hintergrund dabei. Den Führer schein macht die Tochter ja gerade erst. „Für die Kinder bin ich trotz meines jungen Alters eine Respektsperson“, sagt Janina Petras. Sie weiß sich durchzusetzen. Herzlichkeit bleibt dabei aber nicht auf der Strecke. Erst vor wenigen Tagen schenkte ihr ein Spieler ein selbst gemaltes Bild.
Das liegt nun in ihrem Zimmer zwischen den ganzen Büchern. Denn für die 16-Jährige, die schon mit fünfeinhalb Jahren eingeschult wurde, wird es bald ernst: Das Abitur nach zwölf Jahren steht an. Bis zum Sommer spielte sie wie ihre beiden jüngeren Brüder noch selbst Fußball. Dann wurde ihre Mannschaft abgemeldet. So kam sie drumherum, sich aufgrund des bevorstehenden Abiturs für eines zu entscheiden: Spielerin oder Trainerin. „Ihre“ Jungs und Mädchen hätte sie vermutlich nicht verlassen: Zu viel Freude macht es ihr. Sie organisiert auch viele Aktivitäten neben dem Feld und holt dabei auch die Eltern ins Boot. Von der Polizei-Besichtigung über eine Weihnachtsfeier bis zum Mutter-Kind-Fußball.
Nach dem Abitur möchte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in Leer machen. Wenn das klappt, will sie auch weiter das Fußballteam trainieren. Die Kinder können sich dann schon mal freuen. Denn wie sehr sie sich für ihr Team einsetzt, bewies sie kürzlich bei der Suche nach einem Sponsoren für Trikots und Trainingsanzüge. Die 16-Jährige erhielt von dem Förderer zwei Absagen – und holte sich beim dritten Besuch endlich ein Ja ab. „Und da hat er mich eine halbe Stunde warten lassen. Er wollte wohl sehen, wie ernst ich es meine.“
Aus der Ostfriesen-Zeitung vom 11. November 2010, S. 31
2010-11-15, dk