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Am letzten Freitag, dem 25. April, war der ehemalige Pressesprecher der Sinn Féin Partei und heutige Schriftsteller Danny Morrison zu Gast am TGG. Der Kontakt zu dem irischen Literaten kam über seinen deutschen Übersetzer Dr. Rademacher vom Gymnasium Rhauderfehn zustande. Die zweistündige Lesung für drei Klassen der Jahrgangsstufe 11 wurde von Frau Lax im Unterricht vorbereitet und moderiert.
Morrison las aus seiner Sammlung All the Dead Voices die sehr persönliche Aufzeichnung Once a Volunteer vor, in der er schildert, wie er im jugendlichen Alter im guten Glauben einer gerechten Sache zu dienen und die eigene Gemeinde vor Übergriffen des RUC verteidigen zu wollen, Waffen der IRA bei sich Zuhause ohne Wissen der Eltern versteckt hatte. Aufgewachsen in bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen war der Tod eine allgegenwärtige Erscheinung und ständige Bedrohung.
Die rund neunzig Zuhörer hörten Morrisons Worten sehr konzentriert zu und stellten viele Fragen, auf die der irische Autor sehr ausführlich einging. Eines seiner Anliegen bei solchen Lesungen sei es, die Jugend davon zu überzeugen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.
Die Frage, ob das politische Ziel der Befreiung alle Mittel rechtfertige, beantwortete Morrison mit einem bestimmenden Nein. Die jüngsten Ereignisse unserer Vergangenheit wie der Anschlag vom 11. September oder der darauf folgende Krieg der USA gegen den Irak zeigten, dass es keine Legitimation für Gewalt gebe; häufig genug dienten die offiziellen Erklärungen nur der Verschleierung der wahren Motive für die kriegerischen Auseinandersetzungen; die Zivilbevölkerung sei immer die eigentliche Leidtragende der Kampfhandlungen. In Nordirland seien die Menschen glücklich, nach Jahren der troubles endlich mit dem Belfast Agreement und den folgenden Vereinbarungen von St. Andrew Frieden gefunden zu haben. Er selbst sei mit der gegenwärtigen Situation zufrieden und blicke gelassen in die Zukunft. Der wirtschaftliche Aufschwung und die Verbesserung der sozialen Verhältnisse würden die politische Entwicklung des Landes bestimmen und zeigen, ob und wie eine Wiedervereinigung mit der Republik möglich sei. Dabei komme der Literatur eine wichtige Funktion der Aufklärung und Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte zu.
Er habe sich aus der aktiven Politik zurückgezogen, weil er sich ganz der Schriftstellerei widmen wolle. Wichtig sei ihm dabei, die unterschiedlichsten Perspektiven einzunehmen und dazustellen. Sein dritter Roman The Wrong Man (in der deutschen Übersetzung „Der falsche Mann“), der inzwischen für das Theater adaptiert wurde, handle z. B. von einem ehemaligen IRA-Aktivisten, der aus Schwäche zum Informanten der Britischen Armee wird. In seinem jüngsten Werk sei der Protagonist ein Protestant, der in den 80er Jahren keine Berührungsängste hat, den katholischen Süden des Landes zu bereisen. Das Kennenlernen unterschiedlicher Sichtweisen könne der erste Schritt zum besseren Verständnis sein. Die Lesung von Morrison lieferte hierzu einen wertvollen Beitrag.
Text: Claudia Lax
2008-05-30, sh