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Geschichte des TGG (1999)

Zeittafel

1849 Gründung durch die Initiative fortschrittlicher Eltern als private „Höhere Töchter-Schule“; die Initiatorin Teletta Groß aus Leer setzt sich im Sinne des liberalen Aufbruchs für eine gleichwertige Ausbildung der jungen Frauen in Leer und Umgebung ein.
1877 Übernahme der Schule durch die Stadt als öffentliche Schule – ausgestattet mit einer großzügigen Stiftung von Teletta und C. Emanuel Groß
1882 Bau des ersten eigenen Schulgebäudes
1900-1910 Die bekannte Heimatdichterin Wilhelmine Siefkes besucht die Schule
1909 Die Schule wird Oberlyzeum
1913 Erweiterungsbau
1949 Hundert-Jahrfeier/Renovierung und Namensgebung Teletta-Groß-Schule
1964-1967 erneute Erweiterungen
1969 heutiger kompletter Neubau
1972 Einführung der Koedukation
1973 Bau der Dreifeldturnhalle mit Sportgelände
1976 Landkreis Leer wird Schulträger
1999 Hundertfünfzig Jahre Teletta-Groß-Gymnasium

Aus den Anfängen der Schule

Der Beginn des Teletta-Groß-Gymnasiums ist eng verbunden mit den demokratischen und liberalen Bewegungen von 1848, deren Ziele, zusammengefaßt in der Paulskirche, auch im Leeraner Bürgertum entschiedene Verfechter fanden. Motor dieser freiheitlichen Richtung war Amtsassessor Groß, im Leeraner Amtsgericht angestellt und zu damaliger Zeit Beamter des Königs von Hannover. Er wurde Abgeordneter der Versammlung der Paulskirche und zog sich deswegen eine Rüge des königlichen Dienstherren zu. Im Konflikt zwischen der Pflicht, dem Willen des Königs zu entsprechen, und einer eigenen liberalen Auffassung, entschied sich Groß, seiner Gesinnung Vorrang zu geben. Er quittierte den Staatsdienst und verzichtete damit auf beruflichen Lebensinhalt und Werdegang (eine interessante Parallele auf ostfriesischem Boden zu den vom König von Hannover gemaßregelten Göttinger sieben Professoren, die wegen ihrer liberalen Einstellung vom König von Hannover aus dem Dienst entlassen wurden).

Groß und seine Frau versuchen nun einige ihrer politischen Ziele in Leer umzusetzen. Sie sahen ein Ungleichgewicht in der Ausbildung der Mädchen zu den Jungen. Während die Jungen in der Lateinschule, seit 1834 Bürgerschule, eine Ausbildungsstätte hatten, die zur weiteren Ausbildung berechtigte, bot sich für die Mädchen nichts Gleichwertiges an. Mit einem Kreis Gleichgesinnter setzte sich das Ehepaar Groß, selbst ohne Kinder, für eine intensive Ausbildung auch der jungen Frauen ein, d. h., sie betrieben eine Schulgründung auf privater Basis mit Einsatz des eigenen Vermögens. Ihrem Wohnhaus gegenüber in der heutigen Schmiedestraße fand sich eine erste Bleibe dort, wo heute der Neubau des Rathauses steht.

Im Anfang der Schule stehen also Werte wie Freiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau, getragen von einem motivierten Leeraner Bürgertum. 71 Schülerinnen umfaßt die Schule zur Gründungszeit, genug, um sie finanziell zu sichern. Die Stadt wurde bewegt, wenigstens 100 Taler (zu den benötigten 700) aufzubringen. Die Schule kann sich zunächst einer relativen Unabhängigkeit erfreuen. Das für das Schulwesen zuständige Konsistorium in Aurich wirkt ebenso wenig auf die Gestaltung der Schule bestimmend wie Staat oder Stadt. Vielmehr liegt ihre Leitung in der Hand einer Kommission (6 Mitglieder), die für die sachliche Ausstattung der Schule, für das aufzubringende Schulgeld (10 Taler jährlich), für die Anstellung von Lehrern und auch für den Lehrplan verantwortlich zeichnet.

Die Schülerinnen werden erst aufgenommen, wenn sie sich Fertigkeiten in Lesen und Schreiben erworben haben. Sie bleiben dann vom 8. bis zum 16. Lebensjahr in der neu gegründeten Schule. Morgens beginnt der Unterricht (9.00 Uhr) und dauert bis Mittag (12.00 Uhr). An vier Nachmittagen liegt der Handarbeitsunterricht, dazu Zeichnen und Schönschreiben. Der Vormittagsplan weist Religion, Deutsch, Französisch, Geographie und Naturgeschichte auf. An Umfang hält er mit dem heutigen Lehrplan also nicht stand.

Einen Leiter gibt es zunächst nicht. Mit der führenden Funktion wird eine erste Lehrerin beauftragt. Nach ersten Fehlschlägen findet man eine Lehrerin, Frau Hirschmann, die für wenig Geld (300 Taler jährlich) als Lehrerin angestellt und für den ordnungsgemäßen Ablauf des Unterrichts verantwortlich wird.

Die Schulkommission, in erster Linie Eltern der Schülerinnen, bleibt rechtlich und pädagogisch bestimmend. Sie toleriert alle Bekenntnisse an der Schule, was viel heißen will, denn die bestehende Volksschulen sind konfessionell orientiert. Reformierte schicken ihre Kinder in die entsprechende Schule, Lutheraner in die lutherische Hauptschule, und für katholische Schüler gibt es ebenfalls eine Schule eigener Glaubensrichtung. Die Stadt Leer läßt sich von der Schulkommission die Anerkennung aller Konfessionen bei Zahlung eines Zuschusses bestätigen.

Teletta Groß

Die Namensgeberin des Gymnasiums:
Frau Teletta Margaretha Groß,
geb. Rahusen (1801 bis 1888)

Der Einsatz des privaten Vermögens

Die Entwicklung der Schule bleibt wiederum mit dem Namen der Familie Groß verbunden. Die Ehefrau von Carl Emanuel (1840 bis 1873), Teletta Margaretha geb. Rahusen (1801 bis 1888), – sie gibt dann 1952 der Schule ihren Namen – fördert die Schule nicht nur ideell, sondern bringt ein beträchtliches Vermögen ein. Sicherlich wird die Schule als ein Lebenswerk betrachtet. Auf lange Sicht sieht aber die Familie Groß den Bestand der Schule, insbesondere Unterhaltung des Gebäudes und Zahlung der Lehrergehälter nur dann gesichert, wenn die Stadt sie in ihre Trägerschaft nimmt.

Anträge dahingehend werden aber von der Stadt abschlägig beschieden. Die Stadt wolle keine finanziellen Verpflichtungen eingehen. Da stiftet erst das Ehepaar, dann Teletta allein, zusammen 21000 Mark mit der Auflage, daß die Schule städtisch werde. Die Stadt kann diese damals großzügige Summe nicht zurückweisen. So wurde die Schule 1877 städtisch und blieb es bis1976 (Beginn der Trägerschaft durch den Kreis Leer).

Die wachsende Schülerzahl verlangte Raum, die Stadt sieht sich nicht in der Lage, für Abhilfe zu sorgen. So stellt Teletta Groß mit weiteren 15000 Mark für den Kauf eines Grundstücks (8900 Mark) und den Bau eines neuen Gebäudes den nötigen finanziellen Rahmen.

Das Grundstück befindet sich am Harderwykensteg an der Stelle des heutigen naturwissenschaftlichen Traktes. 1882 wird das neue Gebäude in Anwesenheit von Teletta Groß eingeweiht. Eine damals in der Schule angebrachte Votivtafel zur Erinnerung an die Stifterin existiert noch heute im 1. Stock des A-Traktes.

Lehrerkollegium

Lehrerkollegium des Teletta-Groß-Gymnasiums um 1900

Jahre der Not

Entscheidend in der Schulgeschichte erweist sich im Ideellen wie im Räumlich-Sächlichen die Zeit des Nationalsozialismus, insbesondere die Kriegszeit. Während eine stärkere weltanschauliche Ausrichtung der Gymnasien versucht wurde, verliert das Teletta-Groß-Gymnasium 1942 sein Schulgebäude, nachdem schon vorher wegen Kohlenknappheit Unterricht in der Oberschule für Jungen stattfand (nachmittags). Das Teletta-Groß-Gymnasium wird Lazarett, das Schulmobilar; die Sammlungen werden in andere Schulen verlagert, ein Teil bleibt auf dem Boden. Nach Kriegsende wird das Lazarett aufgehoben, das Gebäude aber hat weder Tische noch Bänke. Das wenige, noch vorhandene Schulmobilar wurde als Heizmaterial verschleppt. So überdauerte zwar das Schulgebäude die Kriegszeit, aber es stand leer und ausgeraubt da und sollte nun die zur Vorkriegszeit doppelte Schülerzahl aufnehmen (1948 waren es ungefähr 500 Schülerinnen). Da halfen wiederum die Eltern aus, zunächst mit Sitzgelegenheiten. Der Bauhof der Stadt Leer zimmerte lange Tischplatten als Schreibflächen. Später, nach der Währungsreform (1948) spendeten die Eltern beträchtliche Geldbeträge, von denen Zug um Zug neues Klassenmobilar gekauft werden konnte. Von den alten Beständen ließ sich nur weniges wieder auftreiben. Auch die Sammlungen waren nahezu verloren. So recht ausgeglichen wurde der Fehlbestand erst mit der Einrichtung des neuen naturwissenschaftlichen Traktes 1969.

Gottfried Peschel, 1999

Berichte

2024-11-07 (letzte Änderung),