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Schüler auf Spurensuche entlang der Gleise

GESCHICHTE Recherche von TGG-Seminar zu jüdischem Leben in Leer in einer Broschüre veröffentlicht

Der Landkreis verteilt diese ab heute in einer Auflage von 3000 Stück an Schulen. Die 29 Gymnasiasten befassten sich unter anderem mit den Transporten aus dem niederländischen Judendurchgangslager Westerbork nach Auschwitz.

Von Edgar Behrendt

Foto von der Präsentation der Broschüre

Einige der TGG-Schüler stellten gestern die Broschüre des Landkreises Leer vor.

LEER - 29 Schüler des Leeraner Teletta-Groß-Gymnasiums (TGG) haben Geschichte geschrieben. Mehrere Monate lang haben sie – in einem Seminar sowie in einer Arbeitsgemeinschaft der fünften bis achten Klassen – das jüdische Leben in Leer erforscht. Die Ergebnisse, die zum großen Teil aus Zeitzeugeninterviews bestehen, hat der Landkreis Leer jetzt in einer Auflage von 3000 Stück als Broschüre mit dem Titel „Spurensuche entlang der Gleise“ drucken lassen. Ab heute soll sie in den Schulen im Kreisgebiet verteilt werden.

Die Broschüre ist Teil eines grenzüberschreitenden Projektes (siehe Infokasten). Sie soll im kommenden Jahr nach Bedarf erneut in größerer Stückzahl aufgelegt und auch – ins Niederländische übersetzt – im Nachbarland veröffentlicht werden. Speziell die Interviews mit Zeitzeugen seien von großer Bedeutung, sagte Landrat Bernhard Bramlage. Durch sie ließe sich das Geschehene auch für nachfolgende Generation gut vermitteln.

Als Quellen nutzten die Schüler Archive, Tagebücher und Berichte. Vieles fanden sie im Archiv im niederländischen Westerbork. Aus dem dortigen Durchgangslager wurden rund 102 000 Menschen, vor allem Juden, aber auch Sinti und Roma, unter anderem ins KZ nach Auschwitz deportiert.

Man habe Wert daraufgelegt, in der Broschüre die Sicht der Opfer als auch die Sicht der Täter darzustellen, sagte TGG-Lehrerin Claudia Lax. Die Schüler waren vor allem angetan von den Interviews, die sie mit Überlebenden des Holocausts führen durften. „Es war sehr bewegend, wie sie uns ihr Leid geschildert haben“, sagte Lena Meinders. „Ich konnte mir nicht vorstellen, was diese Menschen damals erlebt haben. Ich fand es bemerkenswert, wie offen sie darüber mit uns gesprochen haben“, ergänzte Nina Nijholt. Einer der Zeitzeugen, Reinhard Schmidt, empfing die Schüler in seinem Zuhause: „Er hat uns Einblick in sein Leben gegeben und uns teilhaben lassen an dem, was er erlebt hat. Das lässt ihn bis heute nicht los“, sagte Kea Wichert.

Ein Kapitel in der Broschüre gehört auch den Postkarten, die aus den Deportationszügen geworfen und entlang der Gleise gefunden wurden. Unter anderem geht es um Otto Weidt. Er reiste im Krieg nach Auschwitz, um seiner ehemaligen Mitarbeiterin Alice Licht zur Flucht zu verhelfen. Ihren Aufenthaltsort hatte Weidt durch die Postkarte herausgefunden, wie Claudia Lax erzählte.

Das Projekt

An dem grenzübergreifenden Projekt „Auf dem Weg von Anne Frank“ sind der Landkreis Leer, der Arbeitskreis Schule Rhauderfehn, die Gemeinde Oldambt und das Erinnerungszentrum Westerbork beteiligt. Unterstützt wird es unter anderem vom Land Niedersachsen und von der Ems-Dollart-Region (EDR).

Ein Teil des Projektes war die Restauration eines Monumentes in Westerbork mit 102 000 Steinen, die für die Anzahl der von dort aus deportierten Menschen stehen. Neben Zeitzeugenbefragungen und Ausstellungen gehört auch der Plan dazu, Mahnmale entlang der Bahnstrecke von Westerbork zu den Konzentrationslagern aufzustellen.

Aus der Ostfriesen-Zeitung vom 15. Oktober 2014, S. 17 / Foto oben: Behrendt, Fotos unten: Claudia Lax

2014-10-15,